Zwischen Zollrain und Feuerwache, Frauenbrunnen und Passendorf sind die Straßen nach Malern, Bildhauern und Architekten benannt ...
... Daher rührt die Bezeichnung für das Viertel, in dem sowohl Kunstbegeisterte als auch Lebenskünstler ihr Zuhause finden. Das Signet, die Malerpalette, symbolisiert diese Vielfalt.
Jamal ist mit seiner Schwester Leila vom benachbarten Spielplatz „Drachennest“ herüber gekommen. Wie so oft, wenn an der „Grünen Villa“ die Türen aufgehen. Wenig später steht der Erstklässler im viel zu großen Herrenhemd, das als Malerkittel dient, vor einer großen Leinwand und trägt begeistert Farben auf. Als andere Kinder nach anfänglichem Zögern dazu kommen, herrscht schnell Einigkeit: Der Malgrund ist groß genug für drei.
Es ist „Weltenbummler“-Nachmittag in der Grünen Villa, einem einstöckigen Häuschen mitten im Park Am Treff, dem Herzen des „Künstler Karrees“. Seit 2017 konnten Jungen und Mädchen aus den rund 60 Nationen, die rund um den Treff zu Hause sind, sich hier als Drucker oder Zimmerleute, Skulpturenbauer oder Maler ausprobieren.
Lore Rieling geht gern an der Grünen Villa vorbei und beobachtet das bunte Treiben. Als die einstige Lehrerin mit ihrem Mann und zwei Kindern 1968 ins Künstlerkarree zog, wohnte sie nur einen Steinwurf von hier entfernt: „Block 432, Haus 5“, kennt sie noch die DDR-weit einmalige Adresse, „dort drüben in der Grünewaldstraße“. Seitdem ist sie drei Mal umgezogen, „aber nie weg aus dem Viertel“, wie sie betont: „Denn ich fühle mich hier so wohl wie am ersten Tag.“
Der imposante Frauenbrunnen an der Magistrale ist für sie ebenso ein Stück Heimat geworden wie der filigrane Alchemistenbrunnen vor der Apotheke am Treff. Heimat ist für sie aber vor allem ihre rundum modernisierte Dreiraumwohnung, von deren Balkon aus der Blick über das Grün der Saaleauen bis zum Wasserturm Süd schweifen kann: „Mal ehrlich“, fragt sie, „wo sonst findet man eine solche Aussicht?“ Der Aufzug im Haus erspare ihr das Treppensteigen, zum Seniorenstübchen der GWG könne sie „im Prinzip“ in Hausschuhen gehen. Das Beste aber sind die netten Nachbarn, „bei denen ich meinen Hausschlüssel deponieren kann und die nach dem Rechten sehen, wenn ich verreise“.
Dass das Künstler Karree sich „seit fünf Jahrzehnten unaufhörlich verändert“, macht es für Lore Rieling zugleich so besonders - und daran ist auch die GWG nicht ganz unbeteiligt: „Schon vor 15 Jahren haben wir zum Beispiel begonnen, hier Wohnungen an die Bedürfnisse der zahlenmäßig wachsenden älteren Generation anzupassen. Aber behutsam“, erläutert Projektleiter Markus Wenger vom Bereich Bautechnik. Um Mieter mit geringerem Einkommen weiter Alternativen zu bieten, seien zum Beispiel in der Paul-Thiersch-Straße nur ausgewählte Eingänge mit Aufzügen ausgestattet worden, auch im Carl-Crodel- und Max-Klinger-Weg gibt es jeweils sechs neue Aufzüge.“, sagt Wenger.
Eine frühere Kindereinrichtung am Gustav-Weidanz-Weg baute die GWG ab 2017 für 2,3 Millionen Euro zur Demenzwohnanlage „Weidanzhof“ um - direkt gegenüber der Studentenwohnungen in der Blockhouse-City.
Die GWG unterstützt seit vielen Jahren neben der „Grünen Villa“ auch die „Schnitte Süd“, eine vom CVJM betriebene Anlaufstelle für sozial benachteiligte Kinder in der Matthias-Grünewald-Straße 1. Für den Quartiersladen im Ernst-Barlach-Ring stellte der Vermieter zudem eine Erdgeschosswohnung zur Verfügung.
Neben dem kulturellen Ausgleich baut die GWG auch auf soziale Ausgewogenheit im Quartier. „Als wir vor fünf Jahren 4,65 Millionen Euro in die Hand nahmen, um unseren Bestand im Walter-Gropius-Weg umfassend und ohne Fördermittel zu modernisieren, wurde uns von vielen Branchenkollegen Mut bescheinigt“, erinnert sich Geschäftsführerin Jana Kozyk. Wo zuvor noch 85 weitgehend gleich geschnittene Wohnungen existierten, entstanden 44 individuelle Zwei- bis Fünfraumwohnungen mit großen Balkonen oder Dachterrassen und hohem Komfort.
Lore Rieling erlebte die Modernisierung des rund 100 Meter langen früheren Fünfgeschossers als weiteres Zeugnis für den stetigen Wandel ihres Viertels hautnah mit. „Das Haus Nummer 1, in dem ich damals wohnte, wurde abgerissen, um einen barrierefreien Zugang zum Innenhof zu schaffen“, berichtet die Rentnerin. Den damit fälligen Umzug nahm sie gern in Kauf: „Denn meine Kundenberaterin bot mir die Traumwohnung an, in der ich heute wohne.“
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